Von der Unterhaltspflege stark beanspruchter Parkettböden
Natürlich gewachsene Bodenbeläge scheiden die Geister. Während Befürworter die Schönheit und natürlichen Eigenschaften von Parkett oder Naturstein rühmen, bemängeln Andere den erhöhten Pflegeaufwand und die notwendige Kompetenzerarbeitung. Glücklicherweise liegt einer solchen Polarisierung auch eine Chance auf Positionierung inne.
Nach nur einer Wintersaison machte das Parkett im Empfangsbereich des renommierten Appenzeller Hotels Hof Weissbad keine gute Figur mehr. Die Holzböden präsentierten sich ausgelaugt, farblich stumpf und waren schmutzanfällig. Die Leiterin der Hauswirtschaft, Sanna Kehl, fragte sich, wie das passieren konnte. Schliesslich erfolgte die Reinigung der Böden gemäss der hohen Hygienestandards regelmässig und nach Vorgaben der Bodenlegerei. Weil eine Bodenlegerei in aller Regel keine langfristigen Reinigungskonzepte erstellt, holte sie diesmal Albi Graf ins Boot, den Pionier der oxydativ geölten Parkettoberfläche in der Schweiz.
Auf die Oberflächenbehandlung kommt’s an
An der Luft ausgetrocknete Öloberflächen sind diffusionsoffen. Sie «atmen», können Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Denn das Öl wird in die Holzporen einmassiert. Unter dem Mikroskop betrachtet, härtet das Öl in den «Tälern zwischen den Gipfeln» aus. Dadurch bleibt der direkte Holzkontakt erhalten und der Werkstoff Holz kann seine natürlichen Vorzüge ausspielen. Im Vergleich dazu kommt bei versiegelten und UV-gehärteten Oberflächen die Schutzschicht auf dem Holz zu liegen. Zum Erliegen kommen dabei allerdings auch der direkte Holzkontakt sowie die Feuchtigkeitsregulierung.
Bei beiden Methoden (im oder auf dem Holz) ist entscheidend, dass die Oberfläche nach den Regeln des Fachs erstellt wird. Bei ungenügender Öl-Sättigung der Holzporen kann sich Schmutz in den Poren einlagern, bei verletzter Lackoberfläche können Feuchtigkeit und Schmutz unter die filmbildende Schicht gelangen, aber nicht mehr entweichen. Dies führt zu Farbveränderungen der betroffenen Stellen.
Wie rette ich den Boden?
Sind versiegelte oder UV-gehärtete Oberflächen zerkratzt, fleckig oder stumpf ist der Biss in den sauren Apfel unumgänglich: Die gesamte Oberfläche muss abgeschliffen und neu aufgebaut werden. Anders verhält es sich bei oxydativ geölten Oberflächen. Bei luftgetrockneten Öloberflächen kann sowohl eine betroffene Stelle partiell aufgefrischt, vor allem aber kann der geölte Holzboden richtig nass aufgewaschen werden. Denn der Schmutz liegt auf dem Öl und nicht unter einer filmbildenden Schicht. Das stumpfe und schmutzanfällige Parkett im Hotel Hof Weissbad führte Albi Graf umgehend auf ungenügenden Aufbau der Öloberfläche zurück. «Die Holzporen wurden beim Einbau des Parketts nicht gesättigt», resümiert Graf seine damalige Beobachtung. Für ihn als Oberflächenpionier sei das, als würde man ein Auto ohne Lack verkaufen. – Fahrtüchtig, aber rostig.
«Die Leute staunen immer wieder, was oxydativ geöltes Parkett alles wegsteckt. Nass und nicht bloss feucht reinigen wir Parkett mithilfe spezieller Pads, Intensivreiniger und Nasssauger» erklärt Graf das Vorgehen. Nach der Befreiung von Schmutz und Austrocknung folgt der Wiederaufbau der Oberfläche mit Öl. Diesmal werden die Holzporen gesättigt.
Nicht noch einmal - aber wie?
Nach vollständiger Austrocknung des Öls in den gesättigten Holzporen trafen sich Sanna Kehl und Albi Graf erneut im Foyer in Weissbad. Graf hatte zwischen- zeitlich ein Reinigungskonzept für die beanspruchten Böden erarbeitet, welches zugleich den Aspekten Hygiene und Ästhetik Rechnung trug. «Bei der Pflege von Holz führt mehr leider oft zu weniger, anstatt zu besser. Pflegemittel und Periodizität der Reinigung müssen auf die Holzart, die Belastung und die Möglichkeiten des Betriebs abgestimmt werden» erläutert Graf.
Im Hof Weissbad wird der Boden aufgrund der hohen Qualitätsstandards täglich gereinigt, wobei zwei verschiedene WOCA-Pflegemittel eingesetzt werden. Entscheidend sei eine ausgewogene Balance zwischen Reinigungsleistung und Rückfettung des Bodens. Die richtige Balance haben Sanna Kehl und Team mithilfe von Albi Graf nun gefunden: Im Hof Weissbad werden die Gäste wieder von Boden bis Decke in bester Qualität empfangen.
Interview
Sanna Kehl Leiterin Facility Management Hotel Hof Weissbad
Frau Kehl, als Leiterin der Hauswirtschaft im renommierten Hotel Hof Weissbad haben Sie ein enorm weites Tätigkeitsfeld. Ist das Detailwissen in sämtlichen Bereichen heute überhaupt noch möglich?
Ja und Nein. Die Grundausbildung gibt uns natürlich schon einiges mit auf den Berufsweg. Und selbstverständlich bleiben wir, wie in anderen Berufen, durch stetige Weiterbildung und ein Interesse an neuen Materialien und Verarbeitungsmethoden à-jour.
Die beste Kenntnis über verschiedenste Bereiche erwirbt man aber gewiss, wenn von einer Fachperson eine früh- zeitige Instruktion erfolgt. Beispielsweise sollten Experten bereits bei der Planung eines Umbaus beigezogen und angehört werden. Das kann sehr essenziell für die Entscheidung der Bodenbeläge sein.
Sie zogen den Schweizer Öl-Oberflächenpionier Albi Graf zu Rate. Welche Problematik mit den Parkettböden lag vor?
Durch das straffe Programm in den sieben Wochen der Umbauzeit im Frühjahr 2018 war es schlicht weg nicht möglich, den frisch verlegten Böden die zu benötigende Intensiv-Ölung zu geben. Es wurde geölt, leider war es viel zu wenig. Es hätte schlichtweg mehr Öl gebraucht, dies wäre jedoch mit einer längeren Trocknungszeit verbunden gewesen. Und in einem Hotel ist es klar, je eher wiedereröffnet werden kann, desto besser.
Alle Böden sahen nach kurzer Zeit matt und stumpf aus. Überhaupt nicht so, wie es geplant war. Das Holz saugte jeden «Fleck» auf und wirkte dadurch unsauber. Durch unsere Top Auslastung und die im Hotel integrierten Reha Klinik mit einem hohen Hygienestandard sind wir gezwungen, die Böden täglich feucht zu reinigen. Es entstand ein Kreislauf, den wir nicht mehr aufhalten konnten: Gute Auslastung – mehr Reinigungsintensität – keine Lücke um nachzuölen – strapazierte Böden.
Es ist augenfällig, dass das Parkett jetzt wieder fast wie neu aussieht. Liegt das nur an der Sanierung oder haben Sie noch weitere Massnahmen ergriffen?
Das schon lange hinfällige Intensiv- Ölen der Böden war das absolut Wichtigste. Weiter haben wir für die tägliche Reinigung nun auch abgestimmte Reinigungsprodukte – zwei verschiedene in der Woche – die auf unsere Top-Auslastung zugeschnitten sind.
Gibt es Ratschläge, die Sie anderen Facility Manager*innen mit auf den Weg geben möchten?
Versucht bei einem Bau den Verantwortlichen die Herausforderungen aus Sicht der Reinigung und Pflege sowie den damit verbundenen Aufwand nahe zu bringen und gebt die Vor- und Nachteile bekannt. Es können viele Kosten gespart werden, wenn beide Seiten, Innenarchitektur und Facility Management, frühzeitig zusammenarbeiten. Holz ist ein tolles Naturprodukt, das mit wenig zufrieden ist. Jedoch ist die richtige Pflege notwendig. Und bei Reinigungsgeräten und -textilien rate ich, sich nicht gleich mit dem Erstbesten zufrieden zu geben, sondern sich beraten zu lassen und auszuprobieren.